Ecuador | Ausbildung gegen Armut in Aguas Frías – Nr. 96

Im Dschungeltal Aguas Frías (Stadt Atacames) in der Provinz Esmeraldas in Ecuador befindet sich die Nachmittagsschule „Sonnenschule“, etwa 18 km von der Hauptstraße im Landesinneren und 23 km von Atacames entfernt: Nur unbefestigte Naturpisten führen dorthin, zweimal am Tag fährt ein Rancherea. 220 – 250 Hütten oder kleine Häuser existieren, es herrscht subtropisches Klima – in der Regenzeit werden viele Gebiete überflutet, eine Stromleitung befindet sich entlang der Straße, Fernseh- und Handyempfang gibt es nur vereinzelt auf Anhöhen.

In dieser unterentwickelten Region sind viele Frauen und Kinder häuslicher Gewalt ausgesetzt. Viele dieser Frauen – teilweise noch sehr jung – haben bereits fünf oder mehr Kinder, meist von unterschiedlichen Männern. Sie sind allein mit den Kindern und der Gesamtverantwortung für die Familie ohne finanzielle Unterstützung. Die wenigsten können schreiben oder lesen. Die überforderten, durch Armut verzweifelten Mütter kümmern sich häufig nicht ausreichend um ihre Kinder. Die Kinder müssen zur Unterstützung der Familie mitarbeiten.

In Ecuador gibt es zwar die Schulpflicht, doch wer sich die Schuluniformen und Schulbücher nicht leisten kann, schickt seine Kinder nicht zur Schule. Wenn doch eines der Kinder in die Schule geschickt wird, sind das dann meistens die Jungen.

Die nichtstaatliche Organisation San Andrés e.V. hat sich zur Aufgabe gemacht, in Aguas Frías Kinder aus armen Verhältnissen zu unterstützen. Da Mädchen besonders benachteiligt sind, gilt ihnen die Hauptförderung.  Für diesen Zweck gründete San Andrés e.V. die Sonnenschule: „Wir helfen mit gezielter außerschulischer Betreuung nach der Schule, bei einigen Kindern auch bis zum Ende der Ausbildung oder des Studiums, mit dem Ziel, ihnen in der unterentwickelten Region die Chance zu bieten selbstständig aus der Armut  herauszukommen. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe. Sie entdecken Wege, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Die Kinder helfen sich selber, entwickeln ein Zusammengehörigkeitsgefühl, übernehmen soziale Verantwortung und kommen in der Schule besser mit.“ (Projektleiter Frank Isfort).

Die Georg Kraus Stiftung fördert auch eine Studentin Ivonne Isabel Ortiz, die an der Universität von Santiago de Guayaquil Medizinwissenschaft studiert. Sie arbeitet seit vielen Jahren in der Sonnenschule mit und bringt so ihre Kenntnisse mit ein.

So finden sich in der Sonnenschule Aktivitäten, welche weder Schule noch Elternhaus leisten können. Das Selbstbewusstsein der Kinder wächst, sie erkennen Neigungen und Talente, sie entdecken Wissen, das sie in ihre Elternhäuser tragen und auch in ihrem späteren Leben umsetzen können. Die Kinder verbessern ihre schulischen Leistungen durch Weiterbildungskurse, Nachhilfe, Computerkurse und Einführung in die Benutzung des Internets.

Durch regelmäßige Treffen entdecken die Mütter ein Umdenken und mehr Selbstbewusstsein. Sie bekommen Ideen und Know-how, Kenntnisse über Gesundheit, Verhütung, Aids und Hygiene sowie Unterstützung bei Behördengängen, Ausfüllen von Formularen, Schreiben von Briefen etc.

Die Mütter tragen sehr stark zum Gelingen des Projektes bei, indem sie z.B. beim Klassenbau helfen: Gitter und Tische abschleifen, das Gelände säubern, Wasser holen oder die Pflanzen pflegen. Ebenfalls ist immer eine Mutter bei der Nachhilfe und beim Förderunterricht anwesend – wenn sie nicht lesen und schreiben kann, so kann sie doch verantwortungsvoll die Kinder beaufsichtigen.

Zuletzt wurde ein Holzhaus gebaut, das den Frauen mit ihren Kindern in der Not für einen längeren Zeitraum Schutz gewähren soll.

Da sich dieses Projekt lediglich aus privaten Spenden finanziert, ist der Bedarf nach Unterstützung sehr groß. Dringend notwendig wäre:

  • ein 3. Bauabschnitt mit einem weiteren Klassenraum, Küche und Spielanlage
  • Gründung eines eigenen Wäscheservices oder Straßenrestaurants als Verdienstmöglichkeit für die Mütter
  • Hilfe zur Selbsthilfe für Mütter z.B. durch den Verkauf von Waren und Schmuck aus eigener Werkstatt
  • Werkstattbau für die Ausbildung der Kinder und Verkauf der erstellten Produkte

In den Landregionen gibt es generell keine Wasserversorgung. Wasserleitungen gibt es nicht, die Menschen holen sich das Wasser wird aus Bächen oder Brunnen, es hat meist keine Trinkwasserqualität. Wer es sich leisten kann kauft Trinkwasser in 10 l Flaschen. Der Bach in Aguas Frías ist die Lebensader der ganzen Region, in dem alles gemacht wird, wie z.B. gebadet, Wäsche gewaschen und Tiere getränkt. Darunter leidet die Wasserqualität ganz enorm. Da einige Familien das Bachwasser auch als Trinkwasser benutzen, sind Durchfälle und Parasitenerkrankungen weit verbreitet. In der Trockenzeit ist der Bach nur ein Rinnsal und bei Regen verwandelt er sich in eine braune Lehmbrühe.

Ein Problem ist auch der Transport des Wassers zum Haus. Viele Häuser stehen weit entfernt vom Bach. In der Regenzeit steht viel unter Wasser und der Boden ist sehr schlammig.
Ein ganz dringender Wunsch war der Zugang zu sauberen Trinkwasser durch einem Gemeinschaftsbrunnen mit einfachen erschwinglichen Wasserfiltern. Dazu diente der Bau einer kleinen Steinhütte für das Brunnenloch und die Pumpanlage. Der Tank mit Filteranlage steht jetzt direkt neben der Sonnenschule.

Die Georg Kraus Stiftung ermöglichte diesen Wunsch und fördert auch weiterhin die Sonnenschule mit der Finanzierung von Schulmaterialien.